Grenzen laden uns ein, kreativ zu werden

  • von Kristina Trautmann
  • 15 Juli, 2021

Ich mag es, Dinge in meinem Kopf zu planen und dann nach diesen Vorstellungen in die Tat umzusetzen. Natürlich gibt es immer ein wenig Spielraum für „das Leben“, aber ich mag dieses Gefühl, dass Dinge in meiner Hand liegen. Ein gewisses Maß an Kontrolle könnte man sagen. Kennen Sie das auch? Dass Sie morgens aufstehen, tolle Überlegungen haben und hochmotiviert sind, und dann kommt es – dieses Leben

Manchmal überrascht uns dieses Leben mit positiven Dingen, natürlich. Aber ich möchte den Blick auf die unschönen Situationen werfen, in die wir hineingeschubst werden. Manchmal verlangen uns die Welt und das Leben nämlich einiges ab und gefühlt müssen wir Wege gehen, die wir freiwillig so nicht gewählt hätten. Wir kommen in Berührung mit Grenzen – unseren persönlichen Grenzen, Grenzen anderer Menschen, Grenzen der Realisierbarkeit und Machbarkeit.

Grenzerfahrungen sind oft erstmal sehr unangenehm. Sie führen uns unsere Menschlichkeit knallhart vor Augen: Wir nehmen uns als verwundbar, ohnmächtig und endlich wahr. Drei Zustände, die wir im Alltag oft unbewusst tunlichst verdrängen und überspielen wollen, mit Genussmitteln, zwischenmenschlichen Machtspielchen, Vergnügungswahn und so weiter.

Die Pandemiezeit hielt und hält weiterhin für uns als Gesellschaft verschiedene Grenzerfahrungen bereit. Jeder von uns beobachtet wohl in seinem Umfeld die verschiedensten Arten, damit umzugehen und einen Weg zur Verarbeitung zu finden. Manche hilfreich, manche wohl eher ungünstig.

Es gibt sie - gesunde und sinnvolle Wege, um mit Grenzerfahrungen umzugehen! Wir als Gesellschaft, Organisationen und Menschen werden in dieser besonderen Pandemiezeit, aber auch darüber hinaus, immer mit Fremdbestimmung, Unsicherheiten und stetigem Wandel zurechtkommen müssen (Stichwort VUCA-Welt). Wenn das Außen uns kontinuierlich fordern wird, liegt das Innen am meisten in unserer Hand und Kontrollierbarkeit. Dahin sollte also unser Fokus wandern. Bei Veit Lindau habe ich spannende Impulse zum Thema Ohnmacht mitgenommen. Dieses Gefühl löst oftmals Panik aus – aber was wäre, wenn wir dieses Gefühl zulassen und annehmen, anstatt dagegen anzukämpfen? Was, wenn es ein sinnvoller Begleiter in unserer Welt ist, der an unserer Seite sein darf?

Ich habe das für mich in den vergangenen Wochen ausprobiert und Gefühle der Ohnmacht weniger negativ bewertet, wenn ich sie wahrgenommen habe. Ich habe (ent-)spannende Erfahrungen gemacht: Dass die Angst vorbei geht und sich ein Raum für Kreativität auftut. Wenn ein Weg eine Sackgasse ist, dann führt vielleicht ein anderer Pfad an’s Ziel. Vielleicht ist der manchmal sogar passender als die erste Wahl.

Herzlichst, Kristina Trautmann